Femme Fatale oder blond und unrasiert? [Frankfurter Buchmesse]

Femme Fatale oder blond und unrasiert? [Frankfurter Buchmesse]

femme fatale
Femme Fatale oder blond und unrasiert? Eine Podiumsdiskussion über die Klischees über deutsche und französische Frauen.

Heute vor einer Woche habe ich die Buchmesse in Frankfurt besucht.
Unter all den vielen Eindrücken, die ich von dort mitgenommen habe, hat sich mir eine Podiumsdiskussion im Lesezelt ganz besonders eingeprägt.
Dort referierten zu dem Thema Femme Fatale (deutsche und französische Frauenbilder) vier Personen, die es wissen müssen: die Schauspielerin Maria Furtwängler, die französische Journalistin Cécille Calla, die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken und der Filmkritiker Rüdiger Suchsland.

Und was ich von dieser Diskussion mitgenommen habe und welche Gedanken ich mir dazu gemacht habe, erzähle ich euch heute.

Femme fatale oder blond und unrasiert? Die Klischees

In punkto Klischee kommen die Französinnen deutlich besser weg, als wir Deutsche. Sie gelten als verführerisch, lässig, erotisch und immer mit oder besser gesagt: avec dem gewissen Etwas. Egal ob Putzfrau oder Diva – eine Französin ist immer auch eine Femme Fatale.
Und sie sind immer dunkelhaarig.
Deutsche Frauen hingegen – so erzählte Cécile Calla über ein gängiges Klischee in Frankreich – sind immer blond und unrasiert.

Wir sind halt die Germanenbräute, die zur Not auch einmal einen gefällten Baumstamm wegschleppen können. Während die niedliche Mademoiselle auf dem Baumstamm sitzt und sich die Nägel macht.

Irgendwie fühle ich mich gerade international gesehen ein bisschen gemoppt.

Französische und deutsche Frauen in der Gesellschaft

Ein weiteres gängiges Klischee ist auch, dass die französischen Frauen Karriere machen MÜSSEN, selbst wenn sie Kinder haben.
Tatsache ist aber, dass dort die Unterbringungsmöglichkeiten für Kinder ungleich besser sind, als in Deutschland. Auch ist die Akzeptanz von berufstätigen Müttern wesentlich höher. Während man bei uns immer noch ein bisschen in der Rabenmutter-Ecke steht, sollte man sein Kind in die Kindertagesstätte verbringen. In Frankreich sieht man hier eher die Vorteile der Sozialkontakte, die die Kinder dort bekommen.
„Zurück in den Beruf“ ist nicht für jede Mutter und in jeder Familie die beste und praktikabelste Lösung. Aber es wäre für viele Frauen schon gut, wenn sie wenigstens theoretisch die Möglichkeit zu einem Wiedereinstieg hätten.
Als ich meine Kinder bekam, war diese Möglichkeit gleich Null. Hat sich das mittlerweile wesentlich geändert?

Verehrung der Weiblichkeit

Ich habe während dieser Diskussion ein neues Wort gelernt, nämlich adorisieren. Die französischen Männer tun das nämlich, sie adorisieren die Weiblichkeit, das Frausein.
Und die Französinnen tun alles, dass diese Verehrung auch bestehen bleibt, selbst wenn sie älter werden.
Den in Deutschland üblichen Trend, sich automatisch ab dem 40. Geburtstag einen Kurzhaarschnitt zuzulegen, wird linksrheinisch eher mit einem Stirnrunzeln beobachtet. Lange Haare sind übrigens im Alter erlaubt, denn die Haare sind ein erotisches Sinnbild der Weiblichkeit.
Französische Karrierefrauen versuchen nicht, mit Gewalt in Optik und Auftreten ihre männlichen Kollegen zu kopieren. Sie dürfen erkennbar Frauen bleiben. (Vielleicht nicht überall, aber häufiger, als bei uns)

Nach meinen eigenen Beobachtungen kleiden sich Französinnen oft sorgfältiger, als deutsche Frauen. Und sie achten besser auf ihr Gewicht. Dies mag unter Umständen auch mit ihrer Berufstätigkeit zusammenhängen. Denn den praktischen Spielplatz-Schick der deutschen Mamis mit Parka in frustrierenden Farben und Sportschuhen müssen sie ja nicht so oft tragen.

Frauen im Film

Auf dem Podium wurden die Aspekte der Frauen noch von Männerseite aus bestärkt.
Laut Rüdiger Suchsland merkt man die Unterschiede sehr deutlich in französischen Spielfilmen. Gerade bei den älteren Schauspielerinnen, wie Catherine Deneuve, Isabelle Huppert oder Juliette Binoche ist es so, dass sie regelrecht verehrt werden und immernoch trotz ihres Alters als schön gelten.
Und während bei uns lediglich eine Hannelore Elsner auf eine altersgerechte Rolle wartet, werden sie ihnen in Frankreich auf den Leib geschneidert.

Wie sagte Yves Saint-Laurent so schön:

En  femmes, il n’y a pas d’ảge – Eine Frau hat kein Alter

How to be Parisian?

femme fatale oder how to be parisian
Auf einmal wollen alle Pariserin sein ….

Bücher werden nicht durch Zufall zum Bestseller. Die vier niedlichen Autorinnen von dem momentan sehr populären Ratgeber How to be Parisian liegen voll im Trend. Denn Frankreich gilt zur Zeit als très chic.
Ich habe dieses Buch bislang nicht gelesen. Ich kenne lediglich Artikel aus diversen Frauenzeitschriften, die das Buch, bzw. die dort beschriebenen Anweisungen für sich vereinnahmen. Dabei geht man in der Regel so vor, dass man zum Beispiel behauptet, eine Pariserin würde nur hochwertige Kosmetika benutzen. Was dann folgt ist ein nicht diskreter Hinweis auf einen überteuerten Lippenstift einer überteuerten Marke.
Ist das nicht ein toller Tipp?

Ich halte diesen Trend für übertrieben und sogar für gefährlich. Käme eine Französin auf die Idee, dass sie gerne eine Münchnerin sei? Oder würde sie den Lifestyle in Braunschweig adorisieren?
Ganz bestimmt nicht.
Und wie würden die Männer in meinem Freundeskreis reagieren, wenn ich sie urplötzlich mit einem übergroßen Charme behandeln würde? Weil ich das nun für sehr Französisch halte? Und was würden dann die Ehefrauen da sagen? Und mein Ehemann?

Würde dann mein liebster Ehemann plötzlich und ohne Vorwarnung meine Weiblichkeit und mein Frausein adorisieren, würde ich meine Freundin fragen, wie damals ihr Anwalt geheißen hat.

Einfach hier einen auf Pariserin machen, ist ein rein aufgesetztes Verhalten und völlig unauthentisch.  Und wenn im nächsten Jahr plötzlich ein Buch rauskommt mit dem Titel How to be Hallenserin, müsste man sich wieder umstellen.

Aber lernen kann man von anderen Leuten immer was, auch von den Frauen in Frankreich. Zum Beispiel eine gewisse Lebensfreude und einen bestimmten Stolz – auf sich selbst und auf das, was man tut.

Was wir uns von unseren französischen Schwestern noch abschauen können, wäre die Fähigkeit zu genießen und der Wille, ein bisschen mehr auf sich selbst zu achten.

Alle Fotos: Femme Fatale oder blond und unrasiert? [Frankfurter Buchmesse] ©frau-sabienes.de
Text: Femme Fatale oder blond und unrasiert? [Frankfurter Buchmesse] ©frau-sabienes.de

6 thoughts on “Femme Fatale oder blond und unrasiert? [Frankfurter Buchmesse]

  1. Also mein Mann würde sich freuen, wenn ich ihn anbeten würde. Das fordert er eigentlich täglich ein und bekommt es nicht. Ich sage nur: GROSSES Ego …
    Käme mein Mann auf die Idee, meine Freundinnen anzubeten, würde er einen Kopf kürzer …

    Ich kann mit dem stabilen Germanenbild gut leben. Passt zu meiner Beckenbreite, auch wenn ich dunkle Haare und braune Augen habe. Ich bin nicht handsome, ich bin handfest.

    Kurze Haare trage ich durchgehend seit 1992 aus Überzeugung, weil ich mich so lieber leiden mag und ich keine morgendliche Lebenszeit mit Fönen verschwenden möchte. Die verschlafe ich lieber.

  2. Ich nehme an, Sie kommen aus dem ehemaligen Westdeutschland? Kinder in die Kita oder in den Kindergarten zu schicken war und ist immer noch ganz normal im ehemaligen Ostdeutschland. Der Sozialismus sorgte dafür, dass Frauen ihren Teil im gesellschaftlichen Leben hatten und auch ihren Beitrag dazu leisten sollten. Natürlich war dies nicht die Gleichberechtigung, die Frauen heute erwarten, jedoch für damalige Zeiten war es ein ziemlich großer Fortschritt der Frauenrolle in der Gesellschaft. Die Spuren dieser Politik sind bis heute sichtbar. Laut meiner Beobachtungen werden in Ostdeutschland eher die Frauen schief angesehen, die nach der Geburt mit Kindern zu lange zu Hause bleiben (ich rede hier nicht von der Gruppe der Arbeitslosen). Im ehemaligen Westdeutschland dagegen sehe ich dafür unglaublich viele Frauen, die Hausfrauen sind. Dies ist hingegen die Konsequenz der Politik der BRD, die schon ziemlich schnell nach dem Krieg die Frauen wieder zu Hause sehen wollte.
    Persönlich kriege ich auf den Territorien des ehemaligen Westdeutschlands einen Hals, wenn man mich ziemlich oft einfach als „Frau meines Mannes“ wahrnimmt und willkürlich als eine „Hausfrau“ einstuft. In den Bundesländern des ehemaligen Ostdeutschlands fühle ich mich hingegen immer als ein „vollständiger Mensch“ mit meinem eigenen Beruf, Erfolgen und Interessen gesehen zu werden.
    Ich habe den Eindruck, dass die Situation der deutschen Frauen im Westen, wo sie jahrelang keinen Führerschein oder kein Konto ohne Erlaubnis des Mannes haben durften, dazu brachte, dass sie um jeden Preis zeigen wollten, dass sie gleich mit Männern sind. Was ist die Errungenschaft? Relativ viele sind nach wie vor Hausfrauen, dafür haben sie sich in Europa den Ruf der männlichen Frauen erarbeitet und dies leider zurecht. Und die Ossis haben den Stil übernommen. Es reicht die deutschen Straßen mit französischen, italienischen oder osteuropäischen Straßen zu vergleichen. Während in den anderen Ländern Frauen sich weiblich bewegen; leichte, die Weiblichkeit betonende Kleider, Röcker, Hackenschuhe tragen, bewegen und kleiden sich deutsche Frauen mänlich. Man hat in diesem Land den Eindruck, es sei eine Sünde eine Frau zu sein, wenn man „Frau sein“ als „weiblich sein“ definiert.
    Ich will meine Weiblichkeit leben, trotz der Tatsache, dass in Deutschland für viele weiblich gleich mit dumm sei. Ich trage schöne Kleider, Absatzschuhe, stecke die Haare hoch, schüttle mit den Hüften beim Laufen, was mich nicht störte zwei Hochschulabschlüsse gemacht zu haben, vier Sprachen zu sprechen, krav maga zu trainiren und in meinem Berufsleben Menschen zu führen. Wie sieht mich mein Mann? Er adorisiert mich.

  3. Bei dieser Diskussion fand ich die Klischees ja noch amüsant, aber eigentlich ist es schon bitter, denn so unrichtig sind die Aussagen ja nicht gewesen.

    Was „Zurück in den Beruf“ betrifft, ich hatte hier gute Möglichkeiten. Da ich in der Stadt lebe, hatten wir eine Kita mit Öffnungszeiten von 7 bis 17 Uhr, das hat mir viele Möglichkeiten geöffnet. Auch hatte ich einen Chef, der mitgespielt hat.

    Allerdings ist das „auf dem Dorf“ immer noch ein größeres Problem. Viele meiner Kolleginnen bekommen nicht rechtzeitig einen KiTa-Platz und sind auf Fremdbetreuung angewiesen. Dabei sind oftmals die Omas und Opas auch noch berufstätig. Und dann stellt sich natürlich auch die Frage, lohnt es sich finanziell, wieder arbeiten zu gehen und gleichzeitig für KiTa-Platz oder Tagesmutter viel Geld zu bezahlen. Ich denke, wir sind hier noch lange nicht weit genug.

  4. @Ines: Einen solchen Mann habe ich auch zu Hause. Aber die französischen Männer adorisieren ja nicht unbedingt die einzelne Frau, sondern die Weiblichkeit an und für sich. Und dann erst deren Vertreterinnen.
    Das mit den kurzen Haaren war nicht so gemeint, dass muss ich vielleicht noch mal näher ausführen.
    Laut meinen Beobachtungen und denen von anderen Leuten (u.A. meinem Sohn vor einigen Jahren) kommen viele Frauen ab einem gewissen Alter auf die Idee, dass es nun an der Zeit wäre, die Haare kurz zu tragen. Das hat in solchen Fällen nichts mit ihrem persönlichen Styling zu tun oder weil sie täglich 30 Bahnen im Schwimmbad ziehen. Sondern nur mit ihrem Alter. In der erwähnten Podiumsdiskussion erzählte das auch Maria Furtwängler von ihrer Mutter, die genau das behauptet hat.
    Ich finde das sehr bemerkenswert.
    LG
    Sabienes

  5. @Katharina: Ich komme nicht nur aus dem ehemaligen Westdeutschland, sondern auch aus dem heutigen Bayern. Und das ist noch mal eine ganz andere Qualität. Als 1988 mein erstes Kind zur Welt kam, galt das noch als ein Ding der Unmöglichkeit, als Mutter arbeiten zu gehen (einzige Ausnahme waren Krankenschwestern und Lehrerinnen). Bei einer Gemeinderatssitzung, in der es um längere Öffnungszeiten im Kindergarten ging, wurde uns entgegengeschmettert: „Ihr Hausfrauen wollt euch doch nur einen gemütlichen Tag machen!“ und: „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es den Kindern schadet, wenn sie länger als 4 Stunden von zu Hause fernbleiben.“
    Ich habe mich damals sehr bewusst dafür entschieden, nicht arbeiten zu gehen – zudem mein Ältester mit einer Behinderung zur Welt kam und dadurch eine besondere Pflege gebraucht hat. Aber ich hätte schon gerne zumindest die theoretische Möglichkeit gehabt, arbeiten zu gehen. Allerdings war ich beim 1. Kind schon Ende Zwanzig, hatte mich also in punkto Karriere ganz gut ausgetobt.
    Heutzutage ist es auch ein bisschen anders gelagert. Viele Familien kommen nicht mit einem Gehalt aus, dadurch wächst die Akzeptanz für berufstätige Mütter. Aber immer wieder höre ich Sätze wie: „Aber dann sehen die gar nicht, wie ihr Kind aufwächst!“. Das ist natürlich ein großer Schmarrn. Ich glaube, in Bayern ist man da schon noch sehr extrem.
    Mit sehr viel Neid habe ich einmal mit einer Freundin den Kinderhort ihres Sohnes in Halle besichtigt. Dort gab es verschiedene Mittagessen zur Auswahl, Hausaufgabenbetreuung, Sportstunden usw. Gemessen an den Verhältnissen in Bayern käme das schon einer Unterbringung in einem Internat gleich.
    LG
    Sabienes

  6. @Daggi: Als meine Kinder noch klein gewesen sind, hätte ich eine Berufstätigkeit nur mit einer Tagesmutter realisieren können. Denn die Großeltern wohnten 400 Kilometer weiter südlich. Wenn man sich das mal durchrechnet, bleibt man lieber daheim 😉
    Mein Glück war, dass mein Mann sich selbstständig gemacht hat und ich dann angefangen habe, bei ihm im Büro zu arbeiten. Ich hatte dadurch also was wichtigeres zu tun, als Bügeln und konnte trotzdem noch für meine Kinder da sein.
    LG
    Sabienes

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