Letzte Woche war ich auf einer Mary-Kay-Party.
Normalerweise gehe ich ja gar nicht gerne zu solchen Tupperpartys, egal, ob da nun Kosmetik, Küchengeräte oder Dessous verkauft werden sollen.
Aber die Gastgeberin ist eine Freundin von mir und war sehr froh, dass sie ihre Runde mit mir komplettieren konnte.
Direktmarketing, der große Verkaufshit
Ich wusste ja gar nicht, dass solche Verkaufsveranstaltungen bis auf ein paar Ausnahmen überhaupt noch zeitgemäß sind.
Aber während jeder Einzelhändler mit der Konkurrenz der Onlineshops hadert, erlebt das Direktmarketing goldene Zeiten.
Gerade Vorwerk mit seinem Thermomix und die US-amerikanische Firma Tupperware verzeichnen Spitzenumsätze. Und für eine weitere Expansion wird nach geeigneten Verkäufern oder genauer gesagt: Verkäuferinnen händeringend gesucht. Denn die Mehrzahl der im „Tupper-Sprech“ so genannten „Sales Manager“ und „Directors“ sind weiblich.
Sie ziehen mit ihrem Bauchladen voller unverzichtbarer Küchenhelfer, Antifalten-Cremes und Nahrungsergänzungsmitteln durch die Lande. Dabei hoffen auf einen Verkaufsabend, bei dem sie gute Umsätze machen, vielleicht noch eine nächste Gastgeberin finden oder – noch besser – sogar eine weitere Person für den Vertrieb. Denn davon leben die Damen und bezahlen ihre Sozialversicherung, ihren Sprit und manchmal – wie bei Mary Kay – ihre Vorführware.
Frau Sabienes bei Mary Kay
Und dann fand ich mich in der letzten Woche einer hübschen und jungen Frau konfrontiert, die sich als abgebrochene Chemie-Studentin outete. Aber nun als Mitglied der Mary-Kay-Familie sei sie glücklich, wie nie zuvor.
„Ist ein Studium der Chemie hilfreich für diesen Job?“ wollte ich wissen.
„Nein. Aber manchmal gut, wenn man um die Bedeutung der Inhaltsstoffe weiß.“
„Und was ist da alles drin?“
„Kann ich jetzt nicht so sagen …“
Gut, dass nun zeitgleich der Prosecco serviert wurde.
Weitere Fragen nach der ökologischen und gesundheitlichen Bewertung der Cremes und Lotionen wurden abgeschmettert.
„Parabene? Nanopartikel?“
„Ach, das klingt gleich so erschreckend, wenn du davon anfängst!“ beschied sie mir und ich wandte mich wieder dem Prosecco zu, um die Veranstaltung meiner Freundin nicht zu sprengen.
Brauche ich Mary Kay?
Hauptinhalts dieses Abends war, dass wir unser Gesicht reinigten und wieder pflegten. Um einen besseren Vergleich zu haben, behandelten wir nur die eine Gesichtshälfte. Als dann im Laufe des Tages bei einem anderen Gast starke Rötungen auftraten, kam das junge Fräulein etwas aus dem Konzept. Dass mein Auge nach dem Entfernen des Augen-Make-Ups gar nicht mehr aufhören wollte, zu tränen, war aber mein Fehler. Der verwendete Watte-Pad war nämlich zu nass, hieß es. Selber schuld. Blöd.
Die Tuben und Flaschen mit dem guten Zeug bekamen wir vorsichtshalber nicht in die Hand. Vielleicht sollte eine weitere Diskussion um die Inhaltsstoffe vermieden werden.
Am Ende durften wir im Katalog blättern und über die Preise ein wenig staunen.
Ich bin zwar der Meinung, dass man nicht die billigsten Produkte verwenden sollte, aber die hochwertigen Cremes von Dr. Hauschka sind unterm Strich deutlich billiger.
Und laut Code Check finden sich in den Cremes von Mary Kay Ingredenzien, die da nicht reingehören, weil sie allergieauslösend, ungesund, krebserregend und umweltbelastend sein können.
Brauche ich einen Direktvertrieb zum shoppen?
Letztendlich wurde an diesem Abend nicht viel eingekauft und da tat mir die ehemalige Chemie-Studentin schon ein bisschen leid. Und als wir wieder unter uns gewesen sind, stellten wir fest, dass wir Mary Kay nicht brauchen.
Aber braucht man überhaupt Direktmarketing?
Kann man solche Produkte nicht auch in einem ganz normalen Geschäft erwerben?
Im Internet und hier besonders bei ebay kann man sich die halbe Tupperware-Kollektion kaufen. Und ich habe mal gehört, dass das die Tupper-Bosse gar nicht gerne sehen.
Tausendsassas wie AMC-Kochtöpfe oder der Thermomix sind Geräte, bei denen eine Informationsveranstaltung nicht schaden würde. Andererseits kann man gute Töpfe und Küchenmaschinen auch im regulären Handel kaufen und das gilt auch für alles andere auch, was auf solchen Direktmarketing-Partys im Wohnzimmer vertickert wird.
Für die Betreiber solcher Firmen liegt der Vorteil mit Sicherheit in einer gewissen Knechtung der Verkäufer(innen) und in dem kollektiven Kaufrausch unter Freundinnen und Nachbarinnen.
Aber: Wir Frauen haben einen schönen Abend verlebt, viel gelacht, viel erzählt und es uns gut gehen lassen.
Für uns war das also keine verlorene Zeit!