Trauer oder Todesfälle waren für mich als Kind etwas, was nur andere Menschen betraf – hauptsächlich ältere Frauen. Denn nach dem Zweiten Weltkrieg waren Frauen in schwarzer Kleidung im Straßenbild einfach sehr präsent. In jeder Familie gab es mindestens ein Familienmitglied, das im Krieg gefallen war. Oder nach nur wenigen Jahren an den Spätfolgen sterben musste.
Schwarze Nylonstrümpfe – heute hochmodern – wurden in den 60er Jahren nur von Kriegswitwen getragen.
Eigene Erfahrungen mit Trauer
Das änderte sich leider schlagartig, als mein Vater plötzlich starb.
Mit Mitte Zwanzig war ich von dem Gefühl des Leids, des Verlusts und der Trauer schier überwältigt. Dazu kam eine Mutter, die sich erst mal gar nicht so recht zu helfen wusste. Und ich musste feststellen, wie schwer es ist, die richtige Balance zwischen offener und ehrlicher Trauer und normalen Lebensalltag zu finden.
Auf bestimmte Situationen kann man sich einfach nicht gut vorbereiten.
Umgang mit der Trauer der anderen
Es scheint für viele Menschen ein Problem zu sein, mit der Trauer anderer Leute adäquat umzugehen.
Man geht vielleicht auf den Friedhof zur Beerdigung. Dem Verstorbenen „die letzte Ehre zu erweisen“gilt irgendwie als standesgemäß.
Aber dann?
Lieber nicht die Hinterbliebenen fragen, wie es ihnen geht!
Es könnte ja sein, dass man von ihrer Trauer in einen Abgrund gerissen wird!
Oder man kommt in die peinliche Situation, nicht die richtigen Worte zu finden!
Es scheint so, als wäre man in der heutigen Zeit unfähig geworden, Anteil zu nehmen und zu zeigen.
Wie tröstet man jemanden, der gerade trauert?
Das ist gar nicht so leicht zu beantworten, besonders wenn man nicht auf Religion oder Spiritualität zurückgreifen kann oder möchte.
Aber ich kann euch sagen, was gar nicht geht:
Ganz schlimm ist es, sich bei einer Beerdigung vor die engsten Familienmitglieder zu stellen und loszuheulen!
Selbst, wenn man noch so sehr betroffen ist, muss man sich in diesem Moment zusammen reißen. Besser ist es, die Hinterbliebenen in den Arm nehmen oder ihnen die Hand zu geben. (Das ist immer abhängig davon, wie gut man sich kennt).
Was man als Betroffener auch nicht hören möchte, sind wohlmeinende Ratschläge nach dem Motto: „Das Leben geht weiter!“. Auch die Feststellung: „Wenigstens hat er (sie) nicht leiden müssen …“ sollte von den Trauernden kommen, nicht von Nachbarn und Bekannten, die den Verstorbenen vielleicht nicht mal wirklich kannten.
Leider gibt es auch Todesfälle, in denen es gar keinen Trost gibt. (Wie zum Beispiel bei diesem tragischen Fall)
Hilfe für die Hinterbliebenen
Das heißt aber nicht, dass man gar nichts für die Hinterbliebenen tun kann. Ich glaube, dass der größte Fehler der ist, wenn man ihnen aus dem Weg geht.
Besser ist es, Hilfe anzubieten. Kein „Sag einfach Bescheid, wenn …“, sondern konkrete Angebote machen: „Möchtest du zum Essen kommen?“ oder „Soll ich dir bei der Wohnungsauflösung helfen?“ oder manchmal ganz wichtig: „Soll ich dir die Kinder abnehmen?“.
Menschen, die in Trauer sind, sind oft mit den Erinnerungen an den Verstorbenen beschäftigt. Das ist ein gutes Zeichen in der Trauerarbeit und man kann das mit Zuhören und Bestätigen unterstützen.
Nicht hilfreich ist es aber, solche Erinnerungen mit intimen Details zu ergänzen: „Ich weiß, was dein Mann damals in Wirklichkeit gemacht hat …“.
Alles schon mal vorgekommen ….
Trauerarbeit
Jeder Mensch trauert anders. Denn auch jeder Todesfall ist anders und birgt ein besonderes Maß an Tragik.
Man hört immer wieder von den vier (je nach Autor sogar sieben) Phasen der Trauer. Nach der Schweizer Psychologin Verena Kast sind das:
- Nicht-Wahrhaben-Wollen („Das ist alles nur ein böser Traum …“)
- Aufbrechende Emotionen (Trauer, Wut, Schuldgefühle und das Gefühl, dem Verstorbenen noch etwas hätte sagen müssen)
- Suchen, finden, sich trennen (Alles erinnert an den Verstorbenen)
- Neuer Selbst- und Weltbezug (Der Verlust kann akzeptiert werden und ein neues Leben wird möglich.)
Meistens laufen diese Phasen nacheinander ab und häufig vermischen sie sich.
Ich halte diese Einteilung zwar für nachvollziehbar, aber viel zu verklausuliert und zu akademisch.
Wichtig ist aber immer, dass man als Trauernder in solchen Momenten Menschen um sich herum haben kann.
Warum ich das schreibe?
Trauer und Tod sind leider ein Thema, mit dem man sich in den besten Jahren immer häufiger befassen muss. Und während ihr diesen Artikel lest, bin ich wahrscheinlich gerade auf einer Beerdigung.
Die Mutter einer guten Bekannten ist gestorben, die ich auch gerne mochte.
Ich gehe als letzte Referenz für die Verstorbene und darum, dass die Hinterbliebenen sich nicht alleine fühlen müssen.