Eigentlich war die Romantrilogie „Tribute von Panem“ als Jugendbuch angedacht gewesen, aber tatsächlich ist aus der Romanvorlage von Suzanne Collins eine actiongeladene Filmreihe entstanden. Es würde zu weit führen, wenn ich an dieser Stelle die Handlung dieser Dystopie erklären würde. Falls ihr wirklich nicht wisst, worum es hier geht, lest bitte den entsprechenden Artikel auf Wikipedia.
Ich bin von Anfang an ein Fan der Bücher gewesen. Dabei war ich komplett überrascht. Denn die Geschichte rund um die Bogenschützen Katniss Everdeen und Gale Hawthorne, sowie dem Bäckersohn Peeta Mellark, die sich im Kampf um die von Präsident Snow betriebenen, menschenverachtende Diktatur befinden, kommt in der Männerwelt gar nicht so gut an.
Die Reaktionen meiner Männer
Meine drei Männer (also Ehemann plus zwei Söhne) sind immer wieder begeistert, wenn sich der Bruce Willis im Rippenstrickunterhemd durch ein Bürogebäude schießt. Auch den technischen, kampfsportlichen (und nicht zuletzt auch erotischen) Finessen in einem James Bond Film ist man relativ unkritisch zugewandt. Dennoch klassifizierten sie die Verfilmung der Panem-Trilogie als „zu sehr Hollywood“ und vor allen Dingen übermäßig kitschig und irgendwie „feministisch“.
Und als ich mir am Wochenende den letzten Teil im Kino angeschaut habe, stellte ich fest, dass sich hauptsächlich Frauen im Saal befanden. Geht es also anderen Männern auch so?
Frauenpower in Panem oder: Frauenbilder im Film
In der Regel spielen Frauen im Film – und hier gerade in Hollywood-Produktionen – immer noch eine untergeordnete Rolle. Spätestens wenn der Held auf die Bühne tritt, hat die Heldin nicht mehr allzu viel zu sagen, außer vielleicht ein hingestöhntes: „Ja, ich will!“.
1985 entwickelte die US-amerikanische Künstlerin Alison Bechdel einen simplen Test, der mit drei Fragen analysieren soll, inwieweit die Frauen im jeweiligen Film ernst genommen werden oder nur als dekoratives Beiwerk dienen.
Übrigens wurde dieser Test nun zur Qualifizierung in einigen schwedischen Kinos eingeführt.
Der Bechdel-Test
Dies sind die drei Fragen des Bechdel-Tests:
- Gibt es mindestens zwei Frauenrollen?
Panem: ja. Und dabei handelt es sich immer wieder auch um sehr starke Frauenrollen, nicht zuletzt Präsidentin Coin, die im 3. Teil auftritt.
In dem Film „Tomb Raider“, ein echter Favorit meiner Männer, gibt es hingegen nur eine Frauenrolle. - Sprechen sie miteinander?
Panem: ja. Beim James Bond ist es glaube ich verboten, dass sich die Frauen miteinander unterhalten. - Unterhalten sie sich über etwas anderes als einen Mann?
„Solange sie an einen Mann denkt, hat niemand etwas gegen eine denkende Frau“ höre ich Virginia Woolf gerade sagen. Und wahrscheinlich ist diese Aussage auch so ein Stereotyp und es ist vielleicht böswillig, einen Ausspruch aus dem 19. Jahrhundert hier zu zitieren.
Fakt ist aber, dass in den Panem-Verfilmungen die Frauen über alles mögliche reden: Über Männer, über Kleider, über das Überleben, über das Kämpfen. Im Vergleich dazu stehen die Verfilmungen von „Fluch der Karibik“ emanzipationsmäßig mau da. Mit Penélope Cruz und Keira Knightley gäbe es hier zwar sehr viel Frauenpower, aber die Damen lamentieren meist nur über ihre unzuverlässigen Liebsten.
Frauenpower in Panem
Wissenschaftlich gesehen ist der Bechdel-Test wahrscheinlich nur sehr unscharf fundiert.
Tatsache ist aber, dass es in Panem sehr viel Frauenpower gibt, ob diese Trilogie deswegen aber als feministisch zu bezeichnen, beziehungsweise abzuqualifizieren ist, bezweifle ich stark. Denn eigentlich lebt dieser Film von dem Miteinander und dem Zusammenhalt der Männer und Frauen in ihrer Rebellion gegen das Regime.
Gefährlich ist vielleicht der Umstand, dass es sich bei der Hauptheldin Katniss um eine durchaus ansehnliche, aber nicht in der Maske weichgespülte, stromlinienförmige Frau handelt. Sie ist durchaus in der Lage, selbstständige Entscheidungen zu treffen. Und hat dennoch sogar die Qual der Wahl zwischen zwei richtigen Alpha-Männchen.
Sie verliert nicht durch lauter Kampfeslust ihre weiblichen Charakterattribute, sondern sie bleibt empathisch und emotional.
Dennoch befindet sie sich ihren männlichen Mitstreitern gegenüber auf Augenhöhe.
Und das ist doch eigentlich das Wichtigste und wenn man das dann als Feminismus oder Frauenpower bezeichnet – was soll’s.