Das Frauenwahlrecht ist eigentlich keine Selbstverständlichkeit.
Als 1913 meine Oma zur Welt kam, hat ihr, dem Mädel aus dem Pfälzer Wald, keiner an der Wiege gesungen, dass sie jemals in ihrem Leben das aktive und passive Wahlrecht haben würde.
Und ich, ihre Enkeltochter, zermartere mir vor jeder noch so kleinen Wahl den Kopf, welcher Partei ich denn meine Stimme geben soll.
Und das ist keine Selbstverständlichkeit.
Warum durften früher die Frauen nicht zur Wahl gehen?
Bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts hat man weltweit den Frauen ganz einfach die Kompetenz abgesprochen, an einer politischen Wahl teilzunehmen.
Man beschied ihnen auf Grund ihrer Gebärfähigkeit eine natürliche Bestimmung für den privaten Bereich, aber nicht für die Politik.
Und der preußische Innenminister Hans von Hammerstein meinte 1902, dass deren „leichte Erregsamkeit“ das Volk zu sehr irritieren könnte.
Dazu kam, dass die Frauen in früheren Zeiten ganz einfach schlecht ausgebildet gewesen sind und nur wenig Einblick in „die Geschäfte der Männerwelt“ erhielten. Im Prinzip wurden sie von Kindesbeinen an auf ein Dasein vorbereitet, das je nach Klassenzugehörigkeit das Spektrum von Arbeitskraft, Gesellschafterin und Gebärerin umfasste.
Die Suffragetten und das Frauenwahlrecht
Angestachelt durch die Französische Revolution begann es bereits im 18. Jahrhundert im traditionellen Mann-Frau-Gefüge zu knarzen.
Aber erst im 19. Jahrhundert ging es mit der Frauenrechtsbewegung so richtig voran. Eines der Hauptziele der Frauenrechtlerinnen war die Erlangung des Frauenwahlrechts. Diese zum großen Teil sehr kämpferischen Damen wurden demnach auch Suffragetten (aus dem Englischen und Französischen suffrage ‚Wahlrecht‘) genannt. Dieser Begriff galt damals ein als bitterböses Schimpfwort für eine Frau, die nicht das machte, was ihr ein Mann sagte, dazu öffentlich viel zu laut sprach und auf der Straße rauchte.
Ein Skandal!
Wir können uns das heute gar nicht mehr richtig vorstellen. Aber wir haben Frauen wie Clara Zetkin oder Gertrud Bäumer sehr viel zu verdanken. (Auch wenn wir diese Mädels gar nicht mehr kennen)
Das Frauenwahlrecht wird eingeführt
Anfang des 20. Jahrhunderts war es endlich so weit: Auch die Frauen durften wählen gehen und auch selbst gewählt werden.
Angefangen hat 1906 Finnland, 1918 wurde das Frauenwahlrecht auch endlich in Deutschland (bzw. Weimarer Repbulik) eingeführt. Der europäische Nachzügler war 1984 das Herzogtum Liechtenstein. Und wie oben bereits erwähnt, gibt es immer noch Länder, in denen Frauen nicht aktiv am politischen Leben teilhaben sollten.
Passives und aktives Wahlrecht
Bei dieser ersten Wahl in der Weimarer Republik am 19. Januar 1919 haben sich 82 Prozent der wahlberechtigten Frauen beteiligt. Das ist verglichen mit heutigen Zahlen ein wahres Traumergebnis. Es besteht seitdem natürlich auch ein aktives Wahlrecht, das heißt, dass Frauen in ein Parlament gewählt werden können. Bei dieser ersten Wahl gab es immerhin fast 10 Prozent weibliche Abgeordnete.
Für die damalige Zeit ganz bemerkenswert!
Heute liegt der Anteil von Frauen bei 36,5 Prozent und damit steht Deutschland auf Platz 21 der internationalen Frauenwahlrecht-Skala.
Die meisten Frauen finden sich übrigens in der Regierung von Ruanda (rund 64 Prozent), die wenigsten regieren in Russland mit (rund 14 Prozent).
Und in manchen Ländern dieser Welt ist das Frauenwahlrecht immer noch nicht eingeführt, zum Beispiel in Brunei oder in den Vereinigten Arabischen Emiraten. In anderen Ländern, wie Saudi Arabien gibt es zwar offiziell ein Frauenwahlrecht. Aber von den Herrschaften wird es gar nicht gerne gesehen, wenn sie dieses auch wahrnehmen.
Warum ich diesen Artikel schreibe?
Ich habe den Artikel im September 2017 vor der Bundestagswahl geschrieben. Aber nun, zwei Jahre später bin ich der Meinung, dass dieses Thema fast ein Evergreen ist. Denn irgendwo wird ja immer mal irgendwas gewählt. Egal, ob es sich um die Bundestagswahl, die Europawahl, die Betriebsratswahl oder eine ganz winzige Kommunalwahl handelt: Männer wie Frauen sollten immer zur Wahl gehen, sich immer beteiligen. Es gibt selten oder nur für wenige Menschen den idealen Kandidaten oder die ideale Partei. Demokratie bedeutet immer auch, Kompromisse einzugehen. Aber es bedeutet auch, aktiv zu werden. Und aktiv ist man immer auch, wenn man sein Kreuzchen setzt.
Unsere Ahninnen und Urahninnen wird es freuen.
(Quellen für diesen Beitrag habe ich bei der Landeszentrale für politische Bildung in Baden-Württemberg, dem Handelsblatt und natürlich bei Wikipedia gefunden.)