Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest [Rezension]
Eva-Maria Zurhorst muss es wissen. Sie verfügt nicht nur durch ihre Tätigkeit als Beziehungscoach über reichliche Erfahrungen über Beziehungsprobleme aller Art. Sie und ihr Mann haben selbst eine schwere Ehekrise überstanden.
In dem vorliegenden Ratgeber sollen Paare ermutigt werden, an sich und ihrer Ehe zu arbeiten. Eine Beziehung zu erhalten, ist wohl in den meisten Fällen das beste, was einem Paar passieren kann.
Denn: „Die meisten Scheidungen sind überflüssig.„
Eva-Maria Zurhorst
Die ausgebildete Journalistin (Jahrgang 1962) und arbeitete unter anderem in Südafrika und Ägypten.
Nach einer Tätigkeit als Kommunikationsmanagerin ließ sie sich zur Psychotherapeutin ausbilden und arbeitet nun zusammen mit ihrem Mann als Beziehungscoach und Vortragsrednerin.
Mit ihrem Selbsthilfebuch: „Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest“ stand sie ab 2004 über Jahre hinweg auf den Spiegel-Bestsellerlisten.
Liebe dich selbst …. usw. – Meine Meinung
Ich sage es mal gleich: Dieser Leseeindruck bezieht sich lediglich auf 75 Prozent des Buches. Denn etwa ab Seite 200 hatte ich endlich das Prinzip „Selbstliebe“ begriffen und dieses Buch empört weggelegt.
Dabei klingt das Grundprinzip gar nicht so blöd!
„Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst“ (Matth. 22,35-40)
Dieses Gebot aus dem Matthäus-Evangelium ist eigentlich die Grundlage von allen zwischenmenschlichen Beziehungen.
Nur wenn ich mit mir selbst im Reinen bin, mich selbst so akzeptieren kann, wie ich bin, kann ich auf eine andere Person wirklich zugehen. Wenn ich hier Defizite habe, begonnen von Erziehungsfehlern der Eltern bis hin zu Traumata in der Kindheit, dann hilft mir eine Beziehung und ein Partner erst mal gar nicht so viel weiter. Denn ich werde diesen ganzen Ballast in jede Beziehung schleppen, die ich eingehe.
Da natürlich jedes Mitglied einer Partnerschaft sein eigenes Bündel zu tragen hat, gibt es dann ganz unweigerlich die ein oder andere Kollision.
Dies alles kann zu Differenzen, Streit, Hass, Trennung führen – wir kennen das ja alles schon.
Bietet dieses Buch eine Lösung?
Das Buch ist in zwei Teile aufgeteilt.
Im ersten Teil zählt die Autorin all das auf, was schiefgehen kann. Zum Beispiel heiraten wir ihrer Meinung nach aus den falschen Gründen und projizieren auf den Partner unsere eigenen Defizite. Über den Partner wird gejammert, weil er uns in unserer Bedürftigkeit nicht heilt. Und zur Not wird Sex als Waffe benutzt.
Im zweiten Teil verspricht sie uns Hilfe und Anleitungen, wie wir was besser machen können. Deswegen kämpfte ich mich bis zur Seite 235, um endlich mal etwas dazuzulernen.
Und wurde dann enttäuscht.
Frau Zurhorsts Gottesglaube
Zu Beginn des zweiten Teils muss sich die Frau Zurhorst lange und ausgiebig über ihre vielfältigen Gotteserfahrungen und ihren Glauben auslassen. Dieses innere Empfinden will ich ihr auch zugestehen. Aber irgendwann gingen mir ihre Ausführungen zu weit.
Nach einer von ihr vorgeschlagenen Bewusstseinsübung, weil der sie uns Leser anregt, den göttlichen Odem in jeder Körperzelle zu spüren, war bei mir Feierabend.
Das klang für mich nämlich so:
Fazit
Der flotte Buchtitel hat mir mehr versprochen, als das Buch hat halten können.
Dieser mit Sicherheit sehr engagiert geschriebene Ratgeber hat mich leider nicht erreicht. Die einzelnen Unterkapitel fand ich langatmig bis uninteressant. Sie erzählt viele Episoden aus ihrem eigenen (Ehe-)leben, was ich irgendwann als unangemesse Wichtigtuerei empfand. Die wenigen guten Aussagen stammten meist nicht von ihr selbst, sondern von Chuck Spezzano. Dies ist ein Autor aus dem spirituell-esoterischen Bereich, der vor einigen Jahren sehr en vogue gewesen war.
Vielleicht bin ich persönlich nach 30 Ehejahren schon so abgeklärt, dass ich fast einen eigenen Ehe-Ratgeber schreiben könnte. Denn die aufgelisteten Tatbestände kenne ich entweder aus eigener Erfahrung oder habe sie im Freundeskreis miterlebt. Unterm Strich war dieses Buch nix für mich.
Möglicherweise könnte dieses Werk aber erhellend für junge Paare sein, die gerade darüber staunen, was nach der ersten Verliebtheit mit ihrer Partnerschaft geschieht.
In diesem Fall würde ich den betroffenen Damen und Herren das wunderbare Werk: Die Kunst des Liebens von Erich Fromm ans Herz legen.
Bibliografisches
- Titel: Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest
- Verlag: Eva-Maria Zurhorst
- Taschenbuch: 400 Seiten
- Verlag: Goldmann; Auflage: 1. (10. August 2009)
- Sprache: Deutsch
- ISBN-10: 3442219035
- Preis Stand März 2019: 8,99 € (Kindle), 9,99 € (Taschenbuch), 15,39 € (Audio-CD)
8 thoughts on “Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest [Rezension]”
Die Kunst des Liebens von Fromm kann ich auch nur jedem „Anfänger“ empfehlen. Das von Dir rezensierte Buch hat mich auch nicht angesprochen. Guter Titel verkauft halt …
Diese Sucht, sich coachen zu lassen und mit mehr oder weniger sinnigen Statements bei Durchschiffen des Lebensozeans helfen zu lassen, beobachte ich ja in etlichen Blogs ( die sprüche werden dann auch noch an die Wand gehangen wie einstens der „Eigene Herd…“ ). Und es geht mir auf den Senkel, ehrlich gesagt. Beutelschneiderei in dem Falle, wo es dann noch zwischen zwei Buchdeckel gerät… Ich würde aus meinen 40 Jahren Erfahrung in zweiter Ehe niemandem einen Ratschlag geben, den Eines schickt sich nicht für alle. Am 1. Mai veranstalte ich übrigens in meinem Blog eine Linkparty zum Thema Liebe. Fühle dich eingeladen.
LG Astrid lemondedekitchi.blogspot.de
Als ich vom „göttlichen Odem in jeder Körperzelle“ las, musste ich sofort an den Körperzellensong denken, und was verlinkst Du? Den Körperzellensong! Schwester im Geiste!
LG
Katrin
@meyrose: Ein guter Titel könnte ja theoretisch auch einen guten Inhalt beinhalten … aber muss nicht …
LG Sabienes
@Astrid: Wenn man noch jung ist oder gerade einer schlimmen Krise gegenüber steht, kann so ein bisschen Coaching sinnvoll sein. Und jeder braucht mal ein bisschen Hilfe! Dagegen ist ja auch gar nichts zu sagen. Und anscheinend hat dieses Buch viele Menschen erreichen können.
Aber es stört mich auch sehr, dass die Coacherei zu einem solchen Wirtschaftsfaktor geworden ist. Die Autorin hat ja inzwischen sogar ihren Mann mit ins Boot holen können. Sie nennen sich nun Zurhorst & Zurhorst, halten Vorträge, sind Gäste in Talkshows und schreiben gemeinsam Bücher.
Das macht mich schon ein bisschen stutzig.
LG Sabienes
@Fellmonsterchen: Wir beide haben halt einen ganz ausgesuchten Humor! 😉
LG Sabienes
Natürlich kann es sinnvoll sein, sich in Lebenskrisen coachen zu lassen. Ich bin nur sehr skeptisch, wenn ich mitbekomme, wer sich das Etikett heutzutage umhängt ( darunter etliche, mit denen ich kollegial zu tun hatte und deren Fähigkeiten einzuschätzen weiß ). Was dann da so gegen Cash herüberkommt, ist einfach banal. Gespräche mit guten & Intelligenten Freunden sind da mindestens ebenso hilfreich. Da wird eine Dienstleistung etabliert, die sich früher im menschlichen Miteinander einfach so ergeben hat.
Verstehe mich nicht falsch, qualifizierte, fundierte, ausgebildete Therapeuten finde ich dagegen unersetzbar.
LG
@Astridka: Oh, gratuliere! Es hat geklappt! 😉
Ich denke, ich habe dich schon richtig verstanden.
„Coach“ ist halt kein geschützter Begriff oder Berufsbezeichnung. Jeder Depp kann sich so nennen und wenn die Leute ihm glauben, dann wird er populär.
LG Sabienes
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