Meine Frage nach der Kopftuchfrage oder: Weiß ich nun mehr?

Meine Frage nach der Kopftuchfrage oder: Weiß ich nun mehr?

die kopftuchfrage
Reaktionen auf meine Kopftuchfrage

Mein letzter Artikel, indem ich gefragt habe, warum türkische Frauen ein Kopftuch tragen, hat meinem Blog nicht nur ungeheure Besucherrekorde beschert.
Er und die daraus folgenden Diskussionen haben mich in den letzten zwei Wochen arg beschäftigt.
Ich habe mir lange überlegt, ob ich den Artikel einfach so stehen lassen soll oder nicht. Dabei kam ich zu dem Schluss, dass ich mich noch einmal zu dieser Kopftuchfrage äußern muss, bevor ich hier andere Artikel veröffentliche.
Blöderweise befand ich mich in den letzten zwei Wochen in einer Blogpause.
Deswegen kommt der Artikel erst jetzt.

Reaktionen auf diesen Artikel

Die Reaktionen auf diesen Artikel waren durchaus gemischt.
In den Kommentaren auf diesem Blog erhielt ich sehr viel Zustimmung. Und nein, ich habe keine negativen Kommentare gelöscht.
Aber ich habe nicht alles kommentiert. Und ich habe keine Lust, auf semantische Ungenauigkeiten einzugehen, die mir nachgewiesen wurden. Oder mich für sie zu rechtfertigen.

In den Sozialen Netzwerken ging es teilweise ziemlich rund:

  • Ich bekam sehr viel Zuspruch.
  • Ich bekam sehr viel Kritik.

Diskussionen auf Facebook

Ein paar Muslimas waren geduldig genug, mir ihre Seite der Kopftuchfrage nahe zu bringen.
Aber wenn ich dann Ansichten lese wie: „Wenn ich eine andere Muslima sehe, dass sie entsprechend gekleidet ist, dann weiß ich, dass ich dieser Frau vertrauen kann!“, dann kann ich nur den Kopf schütteln.
Ich vertraue niemand automatisch, nur weil sich diese Person in einer gewissen Weise kleidet.

In manchen Gruppen, in dem ich den Artikel geteilt habe, kam es mir so vor, als hätten sich extra für mich neue Kommentatoren eingefunden. Von ihnen wurde dann behauptet, das ich mich mit meinen Sch…blog nur wichtigmachen will. Und das war noch eine eher harmlose Reaktion.

Manchmal habe ich befürchtet, dass ich mich nun ziemlich unbeliebt gemacht habe.

Mir wurde vorgeworfen, dass ich keine Türkinnen kennen würde oder Türkinnen und andere Muslimas in einen Topf schmeißen würden. Dabei hatte ich manchmal den Verdacht, dass mein Artikel gar nicht komplett gelesen worden ist.

Und ich wäre intolerant.

Wie hält es Frau Sabienes mit der Toleranz?

Ich bemühe mich sehr, das Ideal der Toleranz sehr hoch zu halten.
Und ich bin davon überzeugt, dass jeder Mensch sein Leben, seine Kultur, seine Religion so leben sollte, wie er das möchte.
Intoleranz gegenüber anderen entsteht häufig aus einem Gefühl der Angst oder des Nichtwissens.

Angst vor Kopftüchern habe ich keine. Aber wegen meinem Nichtwissen habe ich diesen Artikel geschrieben und diese Frage gestellt.

Ansonsten bin ich kein Engel und perfekt bin ich schon gar nicht. Wahrscheinlich trage ich auch ein Stück Intoleranz mit mir herum.
Sorry.  
Aber wenn mir jemand Intoleranz vorwirft, dann trifft mich das schon sehr.

Die Frage nach der Kopftuchfrage – was habe ich nun daraus gelernt?

warum tragen muslimas ein kopftuch

Vorrangig habe ich gelernt, dass man mit kritischen Artikeln mehr Leser erreicht, als wenn man was Nettes schreibt. Aber das war natürlich nicht die Hauptsache.
Ansonsten bin ich genauso verwirrt, wie vorher. Und zwar zugleich bezogen auf meine Erkenntnisse und auf meine Gefühle.

Das Türkinnen auch in Deutschland ein Kopftuch (und Mantel) tragen, hat anscheinend was zu tun mit:

  • Abgrenzung gegenüber Nichtmuslimen,
  • vielleicht auch ein bisschen was mit Trotz,
  • Wunsch nach der Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Gruppe
  • religiöse Gründe.

Religion und Kopftuch

Anne Seltmann hat es in einem Kommentar erwähnt. In der Sure 24 Vers 31 steht es wie folgt:

„Und sag den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Augen niederschlagen, und ihre Keuschheit bewahren, den Schmuck, den sie tragen, nicht offen zeigen, soweit er nicht normalerweise sichtbar ist, und ihre Tücher über ihre Busen ziehen.“ (Quelle)

Und auch, wenn sich jetzt ein paar Islam-Spezialisten über den genauen Wortlaut aufregen: Das ist mir egal! Das betrifft gesellschaftliche Normen von vor über 1000 Jahren unter anderen Bedingungen, als wir sie heute haben.
Wenn euch das wichtig ist, ist das eure Sache.

Aber ehrlich gesagt kann ich den Wunsch nach Abgrenzung eher verstehen, als rein religiöse Motive.

Kopftuchfrage – und nun?

Im Prinzip kann es mir egal sein, warum ein Kopftuch getragen wird.

Es geht mich nichts an und ich kann und will es nicht ändern. Es gibt auch Nicht-Muslime, die sich komisch anziehen. Das verstehe ich dann auch nicht, aber es ist nicht meine Angelegenheit.
Doch ich muss es nicht verstehen und ich kann sagen, dass mir dieses Outfit nicht gefällt.

Aber – und nun wird’s für alle Schwarz-Weiß-Denker kompliziert – deswegen habe ich nichts gegen Muslimas im Allgemeinen oder Türkinnen im Speziellen.

Wie oben bereits erwähnt: Ich beurteile Menschen nicht nach der Weise, in der sie sich kleiden.

Alle Fotos: Meine Frage nach der Kopftuchfrage oder: Weiß ich nun mehr? ©frau-sabienes.de
Text: Meine Frage nach der Kopftuchfrage oder: Weiß ich nun mehr? ©frau-sabienes.de

6 thoughts on “Meine Frage nach der Kopftuchfrage oder: Weiß ich nun mehr?

  1. ganz schön mutig von dir, ich würde mich an so ein Thema nicht heran trauen, weil es so sehr die Gemüter spaltet. Für mich bin ich zu dem Entschluss gekommen das jeder so Leben soll wie er möchte.

  2. Hallo Frau Sabies,
    es gibt sie nicht, DIE Antwort auf deine Frage, weil es hierbei ja um Menschen geht und ein jede Muslima, die sich für ein Kopftuch entscheidet, ihre eigenen Gründe hierfür hat. Ob wir das verstehen oder nicht oder ob wir es nachvollziehen können oder nicht ist letztendlich unwichtig. Solange jeder im Großen und Ganzen tragen kann was und wie er will und wir in einer Demokatrie leben, sollte es absolut OK sein, ein Kopftuch zu tragen, eine Mütze, einen Irokesenschnit, eine Glatze….
    Die ganze Wahrheit wird es nie geben, da auch keine sich für ihr Kopftuch rechtfertigen muss.

    Mich würde mal interessieren, was du mit dieser Frage im speziellen eigentlich wolltest?

    Es gibt natürlich Frauen und Mädchen, die von Vätern und Ehemännern oder Brüdern gezwungen werden, ein Kopftuch zu tragen. Das ist die Minderheit. Die meisten sind so erzogen worden und fühlen sich sicher, andere wollen ihre Religiosität damit ausdrücken, andere sehen sie als religiöse Verpflichtung, wieder andere haben sich in letzter Zeit sogar gegen das Kopftuch entschieden, weil der Ton und das Handeln der Gesellschaft sich gegen Muslimas negativ gewandelt hat und sie sich damit nicht mehr in unserer Gesellschaft sicher fühlen. Das finde ich wiederum viel, viel schlimmer! Ich kann auch die Frauen verstehen, die sagen: „Wenn ich eine andere Muslima sehe, dass sie entsprechend gekleidet ist, dann weiß ich, dass ich dieser Frau vertrauen kann!“ Wundert mich, dass du das nicht kannst. Mit dem Tragen des Kopftuches gibt es eine religiöse Basis, die ein bestimmtes Handeln „erwartet“. Und eine Frau mit Kopftuch kann sicherlich einer Frau auch mit Kopftuch eher vertrauen als einer ohne, da sie wahrscheinlich und offensichtlich gewisse Werte gemeinsam teilen. Ist doch logisch, oder? Jeder wendet sich, wenn er niemanden kennt, immer als erstes an diejenige Person(en), von der man augenscheinlich glaubt, dass sie einem selber am ähnlichsten ist.

    Auf ein gutes und schönes Miteinander, mit und ohne Kopftuch! 🙂

    GlG vom monerl

  3. @Andrea: Ja, das Thema spaltet die Gemüter. Und man sagt da schnell was falsches.
    LG
    Sabienes

  4. @monerl: Das ist eine gute Frage: Was wollte ich eigentlich damit erreichen? Vielleicht meinen Horizont erweitern? Es besser verstehen?
    Ein bisschen ist mir das auch für mich selbst gelungen. Bzw. verstehe ich die Komplexität der Angelegenheit besser.
    Wegen dem Vertrauen, wenn jemand was bestimmtes trägt:
    Wie wäre es, wenn ich von Haus aus einer verhüllten Muslima NICHT vertrauen? Ich muss mir doch den Menschen ansehen.
    LG
    Sabienes

  5. Nochmal zum Punkt Vertrauen:
    Na klar, DU vertraust eher einer Frau / einem Menschen, der NICHT verhüllt ist, da du auch so bist. Dass es DIR schwer fällt einem Menschen zu vertrauen, den du nicht genau ansehen kannst, ist absolut nachvollziehbar. Und so auch im Umkehrschluss. Eine verhüllte Frau vertraut einer Verhüllten eher, eine mit Kopftuch vertraut einer Frau mit Kopftuch auch eher. Das, was man selber ist / wie man sich selbst definert, dem ist man von Haus aus näher als dem Anderen / Fremden.
    GlG vom monerl

  6. @monerl: Menschlich ist es allemal, dass man jemanden, der einem im Auftritt, Aussehen usw. fremd ist, erst mal nicht traut. Aber eigentlich sollte das nicht so sein.
    Ich musste mal eine Lumbalpunktion machen lassen. Damals hörte man sehr viel über die Risiken eines solchen Eingriffs und ich hatte dementsprechend viel Schiss. Durchgeführt hat es dann eine Ärztin aus Syrien, mit Kopftuch und langem Mantel. Ich habe damals im ersten Moment gestutzt, als sie reinkam. Besser, schmerzfreier und souveräner hätte es niemand machen können, als diese Ärztin.
    LG
    Sabienes

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